Zivilgesellschaftliches Bündnis warnt: EU-Richtlinie zum Schutz vor Einschüchterungsklagen in Gefahr

umweltBerlin, 16. März 2023. Ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus Medien-, Menschenrechts- und weiteren Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften zeigt sich besorgt angesichts der drohenden Verwässerung der geplanten EU-Richtlinie zum Schutz vor Einschüchterungsklagen – in den Worten der Richtlinie: “zum Schutz von Personen, die sich öffentlich beteiligen, vor offenkundig unbegründeten oder missbräuchlichen Gerichtsverfahren (‘strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung’)”. 

Für solche Klagen hat sich der Begriff “SLAPP” etabliert, „Strategic Lawsuits against Public Participation”: Eine Form des Rechtsmissbrauchs, mit dem Kritiker:innen eingeschüchtert und ihre Kritik aus der Öffentlichkeit verbannt werden soll. Betroffene von SLAPPs sind Einzelpersonen, Medien und Organisationen, die im öffentlichen Interesse auf Missstände hinweisen. Sie werden immer wieder mit langen und zähen Prozessen psychologisch zermürbt, finanziell ruiniert und so an ihrer Arbeit gehindert. 

Die Europäische Kommission hat die europaweit zunehmenden Probleme mit SLAPPs erkannt und April 2022 einen Richtlinienentwurf eingebracht, der SLAPPs eindämmen soll (Anti-SLAPP-Richtlinie). 

Doch nun droht die massive Verwässerung der geplanten Anti-SLAPP-Richtlinie. Denn im jüngsten Kompromissvorschlag des Europäischen Rates wurden entscheidende Schutzmaßnahmen für Betroffene von SLAPPs gestrichen und der Anwendungsbereich der Richtlinie massiv verkürzt. 

Der Kompromissvorschlag verwässert entscheidende Schutzmaßnahmen und beschränkt signifikant den Anwendungsbereich der von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Verfahrensgarantien, insbesondere durch folgende Änderungen des ursprünglichen Richtlinienentwurfs:     

  • Artikel 4 sowie der zugehörige Erwägungsgrund 22 des Richtlinienvorschlags der EU-Kommission wurden aus dem Text gestrichen. Nach der dortigen Definition würden "Angelegenheiten mit grenzüberschreitenden Bezügen" auch Fälle der Öffentlichkeitsbeteiligung umfassen, die für mehr als einen Mitgliedstaat relevant sind. Mit dem Vorschlag des EU-Rates würde die Richtlinie keine sachdienlichen Anhaltspunkte für eine harmonisierte Umsetzung in dieser Hinsicht mehr enthalten.
  • "Offensichtlich unbegründet" wird im neuen Erwägungsgrund 13a so eng definiert, dass der vorgeschlagene Mechanismus der vorzeitigen Klageabweisung nutzlos würde. Die meisten missbräuchlichen Klagen werden diese viel zu hohe Schwelle nicht erreichen.
  • Außerdem wurde die Regelung zum Schadensersatz in Artikel 15 gestrichen.

Die im Kompromissvorschlag vorgeschlagenen Mechanismen bewirken keine wesentliche Verbesserung der aktuellen Rechtslage für Opfer von SLAPPS mehr. 

Dies macht die jahrelange Arbeit zahlreicher zivilgesellschaftlicher Akteure im Kampf gegen europaweit zunehmende SLAPPs weitgehend zunichte. Deshalb fordert ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus Medien-, Menschenrechts-, Umweltschutz- und anderen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften die Bundesregierung auf, gegen den Kompromissvorschlag vorzugehen und dafür Sorge zu tragen, dass die von der Europäischen Kommission angedachten Schutzmechanismen nicht nivelliert werden. 

Nur so lässt sich das auch im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung festgehaltene Ziel, “europaweit Maßnahmen gegen Einschränkungen der Freiheitsrechte wie z.B. durch missbräuchliche Klagen (Strategic Lawsuits against Public Participation, SLAPP) zu unterstützen” (Zeilen 4178 - 4180), ernsthaft umsetzen. 

Dies ist eine gemeinsame Pressemeldung der Organisationen Blueprint for Free Speech, FragDenStaat, Rettet den Regenwald, Reporter ohne Grenzen, Umweltinstitut München und der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di. 

Quelle: www.umweltinstitut.org

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Kunst und Kultur

Abschlussausstellung: Jubiläumsrundgang


Alanus Hochschule Rundgang 2023 Atelierbild N.KauertzZum Ende des Sommersemesters öffnet die Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter wieder ihre Ateliers zum Rundgang, der klassischen Jahresausstellung der Kunsthochschulen. Rund 250 Studierende aus den Studiengängen Bildende Kunst, Ku...


weiterlesen...

Das maybach bietet zeitgemäße Küche in


maybach Köln Biergarten Foto maybach honorarfreiKöln, 19. Mai 2023 - Im Herzen von Köln wird das maybach seit 1998 von Küchenmeister Wolfgang Grätz betrieben. Er bietet zeitgemäße Küche in einem historischen Ambiente und legt großen Wert auf frische, regionale und saisonale Zutaten.

Zudem besti...


weiterlesen...

Forsa-Umfrage: Deutsche wollen, dass


news logoMünchen, 23. Mai 2023. Die meisten Deutschen haben im letzten Jahr ihren Energieverbrauch gesenkt – und wünschen sich, dass auch die Industrie und Unternehmen mehr Energie sparen. Dies zeigt eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des Umwelti...


weiterlesen...

23.05.2023 »Sam – Ein Sachse«


Bild  Stephan Burchardt DisneyDie siebenteilige Mini-Serie »Sam – Ein Sachse«, erste deutsche Originalserie auf Disney+ und seit 26.04. dort zu sehen, basiert auf der unglaublichen und wahren Geschichte von Samuel »Sam« Njankouo Meffire, Ostdeutschlands erstem Schwarzen Polizi...


weiterlesen...

Neues Weltdokumentenerbe im


stadt Koeln LogoZwei Archivalien aus Köln in das Register "Memory of the World" aufgenommen

Die UNESCO hat am Donnerstag, 18. Mai 2023, bekannt gegeben, dass sie zwei Archivalien des Historischen Archivs der Stadt Köln in das Register "Memory of the World" aufgen...


weiterlesen...

Stipendien für das Gap Year: Stiftung


gap yearStipendien zu den AUF IN DIE WELT-Messen für Freiwilligendienste im Gap Year – Anerkennung für ehrenamtliches Engagement – Bewerbungsfrist bis 30.06.2023

Auf in die Welt nach der Schulzeit: Das Gap Year mit einem Freiwilligendienst ab 2023

Nach de...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.