Tüpisch Türkisch 2014 vom 06.- 09.November im Filmhauskino Köln

tüpisch„Was jetzt?“ hieß die Ausgabe Tüpisch Türkisch 2013 unmittelbar nach den Protesten rund um den Gezipark. Die Frage bleibt aktuell: gesellschaftlich, politisch und kulturell entwickelt sich in der Türkei momentan alles krisenhaft. Autokratismus, Presse- und Meinungszensur, militanter Islamismus, Flüchtlingsproblematik und Grenzkonflikte – auf all dies und mehr reagieren Filmemacher. So bestimmen die schwierigen Kapitel türkischer Vergangenheit und Gegenwart erneut unsere Filmauswahl. Wobei sich persönliche Perspektiven und Dramen oft mit der Sphäre des Politischen verknüpfen…

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Deutlich zeigt das „My father, the revolution and me“: Ufuk Emiroğlu blickt als Schweizer Exilanten-Tochter zurück auf die Generation der türkischen Linken und zeichnet so gleichzeitig ein Familien- und Epochenporträt. Ähnlich begibt sich eine andere junge Filmemacherin, Devrim Akkaya, von persönlichen Erfahrungen ausgehend, auf die Spurensuche ihres armenischen Urgroßvaters, und endet bei der historischen Tragödie des Völkermords („Diyar“).

„Saroyanland“, ein bildstarker, von Werner Herzogs Kameramann Thomas Mauch gefilmter Essay, erzählt von der Annäherung des Pulitzerpreisträger William Saroyan an seine armenischen Wurzeln. Regisseurin ist Lusin Dink, Nichte des ermordeten Journalisten Hrant Dink.

Jahrzehnte zurückreichend und brennend aktuell ist auch das kurdische Thema: Hüseyin Karabey, einer der wichtigsten jüngeren Regisseure, wird seinen neuen Film persönlich vorstellen - „Come to my voice“ verknüpft den „Kurdenkrieg“ mit der Tradition der Dengbejs-Barden. Eine Dokumentation von Kazim Öz, ein Pionier des neuen kurdischen Kinos, zeigt die Ausbeutung von anatolischen Wanderarbeitern.

Ramin Matin stellt persönlich „The Impeccables“ vor, den Gewinner des wichtigsten Türkischen Filmpreises, der „Goldenen Orange“ des Antalya Filmfestivals. Mit Elementen des Familiendramas wie des Psychothrillers folgt er einem schwierigen Schwesternpaar und zeigt darüber hinaus, wie eng die Räume auch für moderne Türkinnen in einer Männergesellschaft werden können.

Um letztere geht es gleichfalls in „Trans X Istanbul“ von Maria Binder: ihre Protagonistin Ebru zeigt in diesem sehr persönlichen Dokumentarfilm, dass im Bereich Menschen- und Minderheitenrechte noch unendlich viel zu tun bleibt, und vermittelt bei allen Härten doch das Engagement, die Buntheit und Lebenslust der Istanbuler Transgender-Community. Den Leidenschaften widmet sich auch unser „Fanblock“: Da geht es zum einen um die glühenden Anhänger des Arabesksängers Müslüm Gürses („The children of Müslüm Baba“), zum anderen um die eingeschworenen Aficionadas türkischer soap operas („Kismet“).

Donnerstag 6. November 19.30 Uhr
Saroyanland / Saroyan Ülkesi / TR 2012 / 72´ / R: Lusin Dink / D: Ara Mgrdician, Artur Norikyan, Kevork Malikyan, Yalçın Çilingir/ Engl. Arm. Türk. Omeng.&türk. UT Doku 1964 machte sich der in den USA geborene Pulitzerpreisträger William Saroyan (1908- 1981) auf eine Reise nach Bitlis in der Osttürkei - die Stadt, aus der seine armenischen Eltern auswandern mussten. Seine Reise, die er gemeinsam mit einem türkischen Journalisten unternahm, führte ihn über Istanbul, Ankara und Trabzon. Saroyans Reisenotizen und Gedanken, zu denen Werner Herzogs Kameramann Thomas Mauch beeindruckende Bilder findet, verwebt Lusin Dink zu einem dichten atmosphärischen Essay. “Ich betrachte meinen Film als Mittel, um Türken, Armeniern und anderen Gesellschaften die Hand zu reichen, so dass sie einander verstehen können[…]. Mit einer neuen Sprache, die Zorn angesichts von Leid und Elend durch Humor ersetzt, inspiriert Saroyan uns alle zu solch einer Umarmung“

Donnerstag 6. November 21.00 Uhr
Diyar / TR 2013 / 71´ / R: Devrim Akkaya / Türk. & Kurd OmeU Doku Bei einer Familienaufstellung entdeckt die Istanbuler Yogalehrerin Devrim die tieferen Ursachen ihrer Gefühle: Einsamkeit, Verlustangst, und das Zögern eine eigene Familie zu gründen, rühren von ihrem armenischen Ur-Großvater Yusuf her, den Devrims Familie im Jahr 1915 adoptierte. Später wurde er in einem bislang nicht lokalisierten Massengrab anonym begraben. Mit ihrem Vater und einem Foto begibt Devrim sich auf die Suche nach der Vergangenheit und ihrer Identität.

Freitag 7. November 19.30 Uhr
Come to my voice / Were Dengê Min / Sesime Gel / D-F 2014 / 105´ / R: Hüseyin Karabey / D: Feride Gezer, Melek Ülger, Tuncay Akdemir, Muhsin Tokçu. Nazmi Sinan Mihci /Kurd.-Türk OmeU Spielfilm Der Kurde Temo wird von türkischen Gendarmen verhaftet und soll erst wieder freigelassen werden, wenn er seine Waffen ausliefert. Doch die gibt es gar nicht! Temos Mutter Berfe und seine kleine Tochter Jiyan machen sich auf eine beschwerliche Suche durch die aufblühenden Berglandschaften rund um den Vansee, um irgendwo einige alte Schießeisen aufzutreiben, begleitet von einer Gruppe blinder Dengbejs – traditioneller kurdischer Sänger. Hüseyin Karabey („My Marlon and Brando“) schafft mit diesem neckischen, wunderschön fotografierten Märchen Raum für Verständnis und Austausch. Im Anschluss Gespräch mit dem Filmemacher!

Freitag 7. November 21.45 Uhr
Once upon a time / He bû tune bû / Bir varmış bir yokmuş TR 2014 / 82´ / R: Kazım Öz / Kurd.-Türk OmeU Doku Alljährlich wandert ein kurdischer Stamm von Batman nach Ankara, um dort Salat anzubauen. Dieses Jahr bringt eine verbotene Romanze alles durcheinander… „Geschätzt eine Million Saisonarbeiter gibt es in der Türkei – die ohne Versicherung, zu extrem niedrigen Löhnen arbeiten müssen. Die meisten von ihnen sind Kurden, viele von ihnen minderjährig.“ Der Filmemacher, Produzent, Drehbuchautor, Kameramann und Cutter Kazim Öz ist einer der Pioniere des neuen kurdischen Kinos. Sein Film richtet sich gegen „neue Formen des Kolonialismus und die Entfremdung der Menschen von dem, was sie produzieren und konsumieren.“

Samstag 8. November 18.00 Uhr
Kismet / GR-ZYP 2013 / 57´ / R: Nina-Maria Paschalidou / Türk., Arab, Engl., Griech., Bulg. mit UT Doku Türkische Fernsehserien wie Gümüş, Fatmagül’ün Suçu Ne und Muhteşem Yüzyıl fesseln nicht allein Millionen von Frauen in der Türkei an den Bildschirm, sondern auch auf dem Balkan, in der arabischen Welt, im Iran und in Afrika. Eva-Maria Paschalidou erkundet die Faszination der türkischen Soap Operas, die Frauen unterschiedlichster sozialer, ethnischer und religiöser Herkünfte dazu bringen, öffentlich über Scheidung, häusliche Gewalt und andere Tabuthemen zu debattieren.

Samstag 8. November 19.00 Uhr
The Impeccables / Kusursuzlar / („Die Unfehlbaren“) TR 2013 / 96´ / R: Ramin Matin / Db: Emine Yıldırım D: İpek Türktan Kaynak, Esra Bezen Bilgin, İbrahim Selin, Suna Selen / OmU Spielfilm Die Schwestern Lale und Yasemin verbringen ihren Sommer in Çeşme an der Ägäis. Alles beginnt wunderbar: blauer Himmel, stilles Meer. Doch dann taucht ein Mann auf…Nach seinem Debüt „Monster’s Dinner“ arbeitete Ramin Matin erneut mit der Drehbuchautorin Emine Yıldırım zusammen – und erhielt den Hauptpreis des Antalya Filmfestivals. „The Impeccables“ widmet sich dem zeitlos spannungsgeladenen Verhältnis unter Geschwistern, und thematisiert auch die zunehmende Gewalt gegen Frauen in der Türkei. Im Anschluss Gespräch mit dem Filmemacher!

Samstag 8. November 21.15 Uhr
The Children of Müslüm Baba / TR 2013 / 53’ / R: Vuslat Saraçoğlu Doku Die Filmemacherin Vuslat Saraçoğlu porträtiert die fanatischen Anhänger von Arabesk-Sänger Müslüm Gürses und auch den Gegenstand ihrer Passion. Die Fans sehen ihre bedingungslose Liebe und Hingabe für ihren „baba“ als heilig an; diese Ergebenheit ist Anlass für Spott und Vorurteile gewesen, und erzählt doch viel über feudale Strukturen und Machtverhältnisse in der Türkei!
Nacht Grenze Morgen / D-Tr 2013 / 30’ / R: Tuna Kaptan, Felicitas Sonvilla Doku Zwei junge Männer, der eine Syrer, der andere Palästinenser, schleusen Flüchtlinge auf europäischen Boden. Während die Grenze zur Türkei noch löchrig ist, rüsten die Griechen auf, mit deutscher Unterstützung. Wärmebilder, Zäune, Patrouillen. Warten im Hotel. Warten auf die Nacht. Die Jungs packen, brechen auf. Manchmal schaffen sie es, mal auch nicht. Die Miete war letzte Woche fällig.

Sonntag 9 November 18.00 Uhr
Trans X Istanbul / TR-D 2014 / 109´ / Türk.-Dt. OmeU / R: Maria Binder Doku Seit 2009 gibt es in der Türkei eine massive Zunahme von Morden an Transsexuellen, doch die Täter kommen ungestraft davon. Ebru aus Istanbul kämpft seit 25 Jahren für die Rechte türkischer LGTB. Engagiert, mit Spontaneität, Humor und Würde bemüht sie sich auch um einen Altersruhesitz für Transgender-Menschen. Die gewaltige urbane Transformation Istanbuls und die Proteste um den Gezipark berühren die Dreharbeiten dieses sehr persönlichen Dokumentarfilmes. In Anschluss Gespräch mit der Filmemacherin/Protagonistin!

Sonntag 9. November 20.15 Uhr
My father, the revolution and me / CH 2013 / 80’ / R: Ufuk Emiroğlu / Türk. OmU Doku In einer Mischung aus Animation, Fiktion und Dokumentation erzählt die Tochter eines vormaligen Revolutionärs, der seit 30 Jahren in der Schweiz lebt, ihre Familiengeschichte, eng entlang der Schicksalsjahre der Türkei: Kommunistische Ideale der 1970er, der Putsch 1980, Schweizer Exil, Zerfall der Familie. Dann:„Gefängnis, Falschgeld, der Fall eines Helden, verirrte Hippies und eine revolutionären Disco“. Dabei dekonstruiert Emiroğlu den Mythos vom Vater und der türkischen Linken, und macht einen neuen Zugang möglich.

Informationen und Aktualisierungen zum Programm: auf www.facebook/Filmreihe.Tuepisch.Tuerkisch, http://www.filmhauskino.de/, http://allerweltskino.de

Veranstalter: Allerweltskino e.V. Programmverantwortlicher: Amin Farzanefar // Projektleitung: Lale Konuk

Veranstaltungsort: Filmhauskino / Maybachstrasse 111 / 50670 Köln
Eintrittspreise: 6,50/5,00 Euro
Kartenvorbestellung: info@filmhauskino.de
fon: 0221 26137808

Tüpisch Türkisch 2014 wird gefördert von: Stadt Köln und Bezirksvertretung Innenstadt, agp engagement global

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