12.07.– 13.09.2020 Ausstellung "ALEXANDER ISKIN" Mönchehaus Museum

Veröffentlicht in Kunst und Kultur

alexander iskinDer Ausstellungstitel "Die Ursache liegt in der Zukunft" von Alexander Iskin bezieht sich auf eine paradox erscheinende Äußerung von Joseph Beuys, der zu den wichtigen Anregern seines Werks zählt. Geht man davon aus, dass Künstler häufig seismographisch gesellschaftliche Zustände erfassen, die erst in Zukunft relevant werden, klingt die Beuyssche Behauptung durchaus plausibel. So scheint Alexander Iskin unbewusst eine Vorahnung gehabt zu haben, als er für 6 Wochen sein Atelier samt Schlafstätte in die Galerie Sexauer in Berlin verlegte, um dort – isoliert von der Öffentlichkeit – zu arbeiten. Besuche waren nur per Anmeldung unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Entstehung der Arbeiten für die Ausstellung in Goslar konnte man jedoch im Internet verfolgen und kommentieren. Die Realität hat den Künstler am Ende der Performance eingeholt, als tatsächlich Kontaktverbot aufgrund von Corona verordnet wurde.

Hintergrund für die Isolation waren für Iskin jedoch grundsätzliche Überlegungen zum Verhältnis von digitaler und analoger Welt. Sie bestimmen sein malerisches Oeuvre ebenso wie seine Performances oder Installationen. Ihn beschäftigt die von ihm so benannte »Inter-Realität«, mit der er Korrelationen zwischen der virtuellen und physischen Wirklichkeit beschreibt. Proklamiertes Ziel ist für ihn eine neue Formation dieser Räume jenseits tradierter Muster. Demonstrativ rief er daher während einer Performance 2018 das »Interrealistische Zeitalter« aus. (Dr. Bettina Ruhrberg, Direktorin Mönchehaus Museum)

Ausstellungseröffnung: 12. Juli 2020 um 11:30 Uhr
Ausstellungsdauer: 12. Juli – 13. September 2020

Mönchehaus Museum
Mönchestrasse 1
38640 Goslar

Alexander Iskin — Kaiserringstipendiat 2020

Alexander Iskin erhält das Kaiserring-Stipendium 2020. Der 1990 in Moskau geborene Künstler kam als Sohn russisch-jüdischer Einwanderer mit neun Jahren nach Goslar, wo er kurz vor dem Abitur seinen künftigen Lehrer, den Maler Herbert Volkmann, im Mönchehaus Museum kennenlernte. Der Entschluss, eine Künstlerlaufbahn einzuschlagen und nach Berlin überzusiedeln, wurde durch weitere Begegnungen im Zusammenhang mit dem Kunstpreis Kaiserring ausgelöst. Heute lebt und arbeitet Alexander Iskin in Berlin.

Das 1984 vom VFK (Verein zur Förderung Moderner Kunst e.V. Goslar) ins Leben gerufene Kaiserring-Stipendium ist in der Regel die erste museale Einzelpräsentation für die Stipendiaten, so auch für Alexander Iskin. Seit 2014 wird das Stipendium von der AKB Stiftung in Einbeck gefördert.

Alexander Iskin arbeitet mit den Medien Malerei, Skulptur und Performance. Der Fokus richtet sich jedoch auf die Malerei, in der er das komplexe Verhältnis zwischen analogen und digitalen Räumen verhandelt.

Interrealismus

Reflexionsgegenstand von Iskins Arbeiten ist die von ihm so benannte „Inter-Realität“. Mit dem Begriff des Interrealismus beschreibt der Künstler Korrelationen zwischen physischer und virtueller Wirklichkeit.

Iskins Bilder zeigen körperlich anmutende Fragmente menschlicher oder tierischer Wesen vor lose angeordneten, farbigen Flächen und Bildräumen. Die Körperversatzstücke schweben, tanzen oder wirbeln vor multidimensionalen Räumen, in denen sie sich zu verlieren oder zu verirren scheinen. Ihre vielschichtige Morphologie fordert den Betrachter heraus, macht ihn zum aktiv Suchenden. Die Malerei versetzt ihn in einen Modus der Reflexion. Sie ermöglicht im Unterschied zur Virtual Reality, Distanz zu üben und eigene Vorstellungen zu entwickeln.

So stimulieren auch Iskins Rotationsbilder aus dem letzten Jahr das aktive Sehen. Sie haben weder Oben noch Unten. Der Betrachter kann das Bild drehen. Er hat die Wahl, für welche Bildwirklichkeit er sich entscheidet.

Arturbating

In einer sechswöchigen Performance schloss sich der Künstler von Anfang Februar bis Ende März 2020 in der Berliner Galerie Sexauer ein, um dort die Bilder für die Goslarer Ausstellung Die Ursache liegt in der Zukunft zu malen. Besuche waren nur per Anmeldung und unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die Entstehung der Bilder konnte man jedoch als Livestream im Internet verfolgen und kommentieren. Die freiwillige Isolation wurde von der Realität eingeholt, als Kontaktverbot aufgrund von Corona offiziell verordnet wurde.

Die Goslarer Ausstellung zeigt mit 50 Werken von 2011 bis heute sowie der Video-Dokumentation und Reinszenierung der Performance arturbating einen Überblick über das bisherige Werk.

(Dr. Bettina Ruhrberg, Direktorin Mönchehaus Museum)

Quelle: http://www.sexauer.eu/
Photo by Johanna Laleh von Holst

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