Rechstanwälte Dogan und Uyar: Katastrophale Zustände im türkischen Justizapparat

doganIn einem Pressegespräch des KulturForums TürkeiDeutschland berichteten am Freitag, den 25. August, die Rechtsanwälte Erdal Dogan aus Istanbul und Ilias Uyar aus Köln über die verschiedenen Facetten der Verfolgung demokratischer Oppositionelle durch die AKP-Regierung unter Erdogan. (RA Erdal Dogan, Osman Okkan, Vorstandssprecher KulturForum, RA Ilias Uyar - v. l. n. r.)

Rechtsanwalt Erdal Dogan aus Istanbul, der die Schriftstellerin Aslı Erdoğan und mehrere Menschenrechtler, darunter auch die inhaftierte Amnesty-Direktorin Idil Eser vertritt, erläuterte zunächst die desolate Situation bei den türkischen Justizbehörden und in den Gefängnissen des Landes.

Dogan verwies darauf, dass neben den Verfolgten, die oft monatelang auf die Begründung ihrer Inhaftierung warten müssen, zunehmend auch ihre Anwälte ins Visier der Polizei und Justizbehörden geraten: „An rechtsstaatliche Verfahren vor der türkischen Justiz ist schon längst nicht mehr zu denken; ebenso wenig an Recht und Gerechtigkeit.“ Mittlerweile seien die Gefängnisse des Landes überfüllt; dabei sei die einzige „gute“ Nachricht aus dem Justizministerium die Ankündigung, dass demnächst fünf neue Strafanstalten gebaut werden. Vielen von über hunderttausend Menschen, die inhaftiert oder aus ihren Jobs gedrängt wurden, und ihren Angehörigen drohten oft öffentliche Ächtung, dauernde Arbeitslosigkeit und Armut. Rechtsanwalt Dogan forderte insbesondere die deutsche Öffentlichkeit auf, auch nach den Bundestagswahlen die Situation in der Türkei genau zu verfolgen und ihre Stimme gegen das Unrechtsregime zu erheben, das Präsident Erdogan nach und nach errichte: „Wir wissen aus Vergangenheit, dass für die Verfolgten und ihre Angehörigen die gelebte Solidarität aus Europa eine große Bedeutung hat; sie hat uns geholfen, auch Militärdiktaturen zu überwinden“.

Rechtsanwalt Ilias Uyar aus Köln, der den in Spanien inhaftierten Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli vertritt, äußerte sich betont vorsichtig angesichts der Entfernung des Dringlichkeitsvermerks aus den Fahndungslisten von Interpol: „Es kann trotzdem passieren, dass die spanischen Behörden formal die vierzigtägige Frist abwarten, in der die Türkei ein Auslieferungsersuchen stellen könnte.“ Uyar verwies auch auf die Situation des schwedisch-kurdischen Journalisten Hamza Yalcin, der einige Tage vor Akhanli ebenfalls in Spanien festgenommen wurde und immer noch in Untersuchungshaft sitzt: „Die schwedische Öffentlichkeit hat leider nicht so rasch und energisch reagiert wie die deutsche; und die türkische Regierung konnte damit trumpfen, dass sie die Oppositionelle auch im Ausland verfolgen und in Haft bringen kann,“ sagte er; das sei im Falle Akhanli noch verhindert werden können. Sein Mandant sei jedoch psychisch schwer mitgenommen und hoffe, möglichst bald nach Deutschland zurückkehren zu können, „wo er sich sicher fühlt.“.
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Das Pressegespräch, an dem neben Pressevertretern auch der Bundestagsabgeordnete Dr. Rolf Mützenich, die Landtagsabgeordnete Berivan Aymaz und Bezirksbürgermeister der Kölner Innenstadt, Andreas Hupke teilnahmen, endete mit dem Appell des KulturForums auch an türkeistämmige Menschen in Deutschland, die Bemühungen für eine demokratische Türkei weiterhin mit Informations- und Solidaritätsarbeit zu unterstützen.
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Das KulturForum hat zur Unterstützung von politisch Verfolgten und ihren Angehörigen in der Türkei gemeinsam mit lit.cologne einen Rechshilfefond initiiert, dessen Vergabegremium u.a. Günter Wallraff, RAin Rafaela Wilde, Bernd von Grünberg und Rainer Osnowski gehören:
Rechtshilfefonds für Verfolgte in und aus der Türkei
Spendenkonto: KulturForum TürkeiDeutschland e.V.,
Sparkasse KölnBonn
IBAN: DE53 3705 0198 1929 9103 94 (Stichwort: Rechtshilfefond)

www.das-kulturforum.de

Presse-Mitteilung KulturForum TürkeiDeutschland e.V.: Köln 28. August 2017
Foto: Rechtsanwälte Erdal Dogan (li.) und Ilias Uyar (re.) mit Osman Okkan auf der Pressekonferenz in Köln ( ©Michael Seffen)

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