Mira Menzfeld, Ethnologin an der Universität zu Köln und ehrenamtliche Sterbebegleiterin im Interview mit Katja Egler Köln-InSight.TV

mira menzfeldLiebe Frau Menzfeld, mögen Sie uns etwas zu Ihrer persönlichen und beruflichen Laufbahn skizzieren?

Jahrgang 1988, seit Kurzem verheiratet, Lebensstationen in Düsseldorf, Köln, Hamburg, Berlin und Guangzhou. Ich habe Ethnologie, Philosophie und deutsche Philologie studiert. Parallel habe ich journalistische Praktika gemacht und durch journalistische Aufträge meine Semesterbeiträge verdient. Das waren so verschiedene Publikationen wie die „Jüdische Zeitung“ und den „SPIEGEL“. Nach meinem Magisterabschluss wollte ich unbedingt als Ethnologin arbeiten. Mit viel Zeit für teilnehmende Beobachtung, aber möglichst ohne wertende und unbewußte eigene Vorannahmen verstehen, wie Menschen in anderen und in der eigenen Kultur ihr Leben leben, das ist für mich der spannendste Beruf der Welt.
An der Uni Köln fand ich dann erstmal einen Job als Wissenschaftliche Mitarbeiterin, mein Aufgabenbereich lag in der anleitenden Begleitung von IslamwissenschaftlerInnen und EthnologInnen in ihren ersten Forschungen. Mit einer der Kolleginnen von damals ergab sich ein bis heute laufendes privates Forschungsprojekt mit Salafis in NRW.

Meine Hauptbeschäftigung ist aber inzwischen, zur Ethnologie des Sterbens zu forschen. Ich habe inzwischen mehrere Jahre mit sterbenden Personen in Deutschland und der VR China gearbeitet. Und zwar in der Form von sehr enger Alltagsbegleitung, die bei uns als Teilnehmende Beobachtung bezeichnet wird. Aus den Ergebnissen entsteht gerade meine Dissertation. Der ganze Spaß finanziert sich aus einem Promotionsstipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes. Außerdem gebe ich Seminare am Institut für Ethnologie, zum Beispiel zur Ethnologie der Moral.

Wie gelangten Sie zum Hospizdienst?

Seit meiner Kindheit und Jugend fand ich es sehr spannend, wie es eigentlich zu Ende geht mit Menschen. Das erschien mir immer als ganz wichtig, schließlich geht Sterben jede und jeden etwas an. Beim Hospizdienst habe ich mich allerdings erst gemeldet, als ich zwei Sterbeverläufe relativ nah miterlebt habe. Eine Person starb im privaten Umfeld, die andere während einer Recherche zu Asbestose-Erkrankten. Bei beiden Gelegenheiten hatte ich das Gefühl, dass mir viele Ideen kommen, wie ich den sterbenden Menschen gut tun könnte. Und ich bekam zurückgemeldet, dass es den Leuten wirklich gut getan hat, was ich so gemacht habe.

So ab Anfang 2012 hatte ich neben dem Studium zeitlich wieder mehr Luft. Damit wollte ich etwas anfangen, was mir sinnvoll erscheint. Mir war klar: Ich bin nicht so der Yogakursmensch und brauche auch keine Selbstbestätigungselemente in meiner Freizeit. Zufriedenheit hat bei mir viel mit gegenseitiger Bereicherung und In-Kontakt-Sein mit anderen zu tun. Also habe ich mich umgeschaut, was es denn für Ehrenämter gibt. Nach längerem Suchen fand ich die Selbstbeschreibung des Ambulanten Hospizdienstes in der Kölner Innenstadt am spannendesten. Ich habe mich kurze Zeit später ausführlich mit dessen Koordinatorin, Frau Meurer, unterhalten und daraufhin den Befähigungskurs für Sterbebegleitungen begonnen. Am Ende des Kurses war für beide Seiten klar, dass das passt. Und das hat sich bis heute nicht geändert.

Frau Menzfeld, Sie waren vor Kurzem für den Engagementpreis in Berlin nominiert, können Sie uns von Ihren Erlebnissen hierzu berichten?

Das war wirklich eine nette Einladung, und eine schöne Gelegenheit, ambulante Hospizdienste etwas bekannter zu machen. Die Studienstiftung, die mein Promotionsstipendium stellt, hatte mich als Finalistin ihres eigenen Ehrenamtspreises für den bundesweiten Engagementpreis vorgeschlagen. Im Online-Voting ist der Hospizdienst mit mir als Vertreterin im obersten Fünftel gelandet. Und das, obwohl Sterben nicht unbedingt ein Thema ist, für das man mit niedlichen Bildern und anrührenden Erfolgsgeschichten trommeln kann...da waren wir schon stolz!

Der Empfang zum Engagementpreis fand im Deutschen Theater statt. Wir Nominierten haben ein tolles Abendprogramm geboten bekommen: Jonglage, Flamenco, Jazz, Spaßmache, das war ein sehr nettes Dankeschön für uns ehrenamtlich Engagierte. Als Festredner waren so unterschiedliche Menschen wie die Familienministerin und Didi Hallervorden dabei. Aber am spannendsten fand ich die Möglichkeit, mich mit anderen Nominierten auszutauschen. Und dabei natürlich auch ein paar Missverständnisse auszuräumen, was ambulante Hospizdienste anbelangt...zum Beispiel, dass man uns nicht erst dann anrufen kann, wenn man praktisch im Sterben liegt. Sondern dass wir jemanden gerne schon dann kennenlernen, wenn zum Beispiel eine ernste Krankheit das Leben bedroht, aber noch ziemlich viel Alltag möglich ist. Oder dass wir auch für Angehörige da sind, nicht nur für sterbende Personen. Oder dass wir grundsätzlich zu denen kommen, die sich an uns wenden, und nicht etwa nur in Hospizen auftauchen. Solche Informationen sind wichtig, aber es wissen noch zu wenige Menschen, wann und wie ambulante Hospizdienste unterwegs sind.

Wie schauen Ihre Perspektiven und Projekte aus?

Weitermachen! Ich weiß, dass ambulante Hospizdienste ganz viel Lebendigkeit und Beieinandersein bedeuten können. Jede Begleitung steht für sich und ist nicht vergleichbar, aber in jeder einzelnen Begleitung können Hospizdienstler etwas Bereicherndes beitragen. Ich wünsche mir, dass wir dafür noch mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung gewinnen können.
Ansonsten bin ich gespannt, was nach der Dissertationsphase auf mich zukommt. Am liebsten möchte ich forschende und lehrende Ethnologin bleiben. Ich hoffe, dass ich auch in Zukunft Ressourcen auftreiben kann für Projekte, die Menschen begreifen wollen, deren Perspektiven wissenschaftlich bisher wenig verstanden sind.

Liebe Frau Menzfeld, vielen Dank für das Gespräch und wir freuen uns Weiteres von Ihnen zu erfahren***

Quelle Text: ©Katja Egler / Köln-InSight.TV
Foto: ©Mira Menzfeld

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