Das Erdbeben in Japan vom 11. März 2011, mit dem anschließenden Tsunami und der Kernschmelze in den AKWs, hat weltweit den Konflikt um die Kernkraft radikal verändert. In Deutschland gingen Hunderttausende wieder auf die Straße und die Politik musste einen hektischen Kurswechsel vollziehen. Die Art und Weise, wie in Japan mit der atomaren Katastrophe umgegangen wurde, hat auch dort vielen Menschen deutlich gemacht, dass die atomare Energiewirtschaft eine akute Bedrohung unseres Überlebens darstellt – und abgeschafft gehört!
Über den Widerstand der Menschen in Japan erfahren wir hier nur wenig. Daher freuen wir uns, am 18. August in Köln mit AktivistInnen von zwei Organisationen diskutieren zu können, die in Japan am Kampf gegen Atomkraft und Kapitalismus beteiligt sind.
Doro Chiba ist eine kämpferische Eisenbahnergewerkschaft in der Präfektur Chiba nahe Tokio. Sie kämpft seit Jahrzehnten für bessere Arbeitsbedingungen für alle EisenbahnarbeiterInnen: Seit die japanische Regierung 1987 die Japanische Staatsbahn privatisierte und 1047 Eisenbahner feuerte, die dagegen gestreikt hatten, unterstützt Doro Chiba ihren Kampf um Wiedereinstellung. Unter dem Slogan „Keine Sicherheit ohne Kampf” wehrt sie sich gegen die Auslagerung der Inspektionen und der Reparaturen an Gleisen und Eisenbahnen.
Außerdem setzt sich Doro Chiba seit den 1960er Jahren für die Rechte der Bauern in Sanrizuka ein, deren Felder zum größten Teil dem Bau des Flughafens Narita weichen mussten. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit ist der Widerstand gegen die US-Militärstützpunkte auf der japanischen Inselgruppe Okinawa. Zu den Jahrestagen von Hiroshima und Nagasaki organisiert Doro Chiba große Protestmärsche gegen die Nutzung von Atomkraft, sei es als Energielieferant oder für Waffen. Doro Chiba fordert als eine der wenigen Organisationen schon seit Jahrzehnten die komplette Abschaffung von AKWs und Atomwaffen in Japan und der ganzen Welt.
Ihre Losung lautet „Danketsu“, was soviel wie „Solidarität“ bedeutet. Sie leben diese Solidarität auch im Alltag: Alle stehen füreinander ein und unterstützen sich gegenseitig in sämtlichen Belangen, keiner wird im Stich gelassen. Nach Fukushima wird die Bedeutung von Danketsu besonders deutlich: Viele Gewerkschafter sind sofort in die betroffenen Regionen gefahren und organisieren seitdem erfolgreich Hilfe für die und mit den Betroffenen. In den letzten Wochen veranstaltete Doro Chiba Protestkundgebungen vor der Zentrale von TEPCO und demonstrierte gegen die japanische Regierung. Die Gewerkschaft fordert Transparenz über die Vorgänge in Fukushima und dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Zengakuren (Allgemeiner Verband der studentischen Selbstverwaltungen) ist eine linke Dachorganisation von Studenten in Japan. Sie wurde 1948 gegründet. In den 1960er Jahren kam es zur Spaltung der Zengakuren, so dass es heute mehrere Organisationen unter diesem Namen gibt. Die Studentin, die die japanische Delegation begleitet gehört zur Zengakuren-Organisation, die eng mit der JRCL (Japanische Revolutionär-Kommunistische Liga) verbunden ist. Diese Studentenorganisation ist maßgeblich an den Kämpfen gegen die Auflösung der Studentenvertretungen und die Repression an den Universitäten beteiligt. Auf jede Protestaktion der Studierenden reagiert die Uni-Leitung mit massiver Gewalt. Seit März 2006 wurden insgesamt 110 Studenten verhaftet und oft wochenlang ohne Gerichtsverhandlung festgehalten. Zengakuren arbeitet mit den wenigen Studentenvertretungen, die es noch gibt, eng zusammen und führt verschiedenste Aktionen, so auch Uni-Besetzungen, durch.
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